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Formvernichter 2021: Ironman Mallorca

Nach dem dem 8.Platz bei der Challenge Roth am 5.September wäre es ein guter Zeitpunkt gewesen, die Saison zu beenden, um mit einem positiven Gefühl in die Saisonpause zu starten und Problemgebiete ausheilen zu lassen. Ich hatte damit immerhin mein Saisonziel mit einem Top Ten Finish und einem Preisgeldrang erreicht. Doch das wäre viel zu vernünftig gewesen...


Der Muskelkater war noch nicht mal verheilt, da hatte ich das Preisgeld schon in den Ironman Mallorca am 16.10. zu investiert. Nachdem mir meine zwei Schulen der GGSD in Schweinfurt und Bayreuth zwei unterrichtsfreie Tage zur Anreise ermöglicht haben, war ich auch schon wieder im Training. Ich war sehr gespannt wie gut ich die Belastung von zwei Langdistanzen so knapp hintereinander verkrafte, da man sagt, dass der Körper allein 4-6 Wochen braucht um eine Langdistanz richtig zu verdauen. Nach einer Regenerationswoche ging es dann also direkt wieder los mit der Vorbereitung. Wenn man seinem Körper so etwas abverlangt, dann muss man ihn auch dementsprechend pflegen. Während das Training aus einer Mischung aus kurzen intensiven Einheiten zum Erhalt der Spritzigkeit und aus wettkampfspezifischen langen Intervallen zur Ökonomisierung bestand, hatte Hendrick von Prophysio im wahrsten Sinne des Wortes die Hände voll zu tun, um die Muskeln aufgrund der Doppelbelastung durch intensives Training und Nachwirkungen der Langdistanz geschmeidig zu halten. Spätestens hier hat sich dann auch das regelmäßige Stabi-, Kraft- und Mobilitytraining ausgezahlt, so dass das Fahrgestell des Körpers, die Sehnen und Bänder, nicht nachgeben.


Es hat auch nicht lange gedauert, dass das Training wieder super lief und ich voll fokussiert war. Um mich an die knapp 2000 Höhenmeter die mich auf der Radstrecke auf Mallorca erwarteten anzupassen, hab ich keinen Berg in der fränkischen Schweiz ausgelassen. Gleichzeitig haben die Radmechaniker von Wohlleben Sports in Zusammenarbeit mit Radsport Ibert mein Rad mit einer niedrigeren Übersetzung prepariert, so dass ich auch beim ca. 30 minütigen Anstieg zum Kloster Luc das Pedal rumkriegen würde. Das spätsommerliche Wetter hat auch mitgespielt. Fast alle Einheiten konnte im Freien abspulen... aber nur fast.


10 Tage vor dem Rennen, war es dann die Kombination aus Dunkelheit und ersten Frost, die mich auf die Rolle in meinem Arbeitszimmer zwang. Bei offenem Fenster und laufendem Ventilator, wie ich es auch der letztjährigen Wintersaison gewohnt war, habe ich meine zweistündige Radeinheit abgewickelt. Dass meine Freundin zwischendurch in das "gut durchlüftete" Zimmer mit ihrem Wintermantel reinkam, um mir ihren Essenwunsch mitzuteilen, hat mich auch im wahrsten Sinne des Wortes kalt gelassen.


Hätte ich nur wieder auf sie gehört... So kam es, dass ich bereits am nächsten Morgen ein kleines Kratzen im Hals verspürte. Sofort wurden alle Antimännerschnupfen-Maßnahmen eingeleitet. Nichtmal die rohe Ingwerwurzel jeden Tag hat dafür sorgen können, dass es besser wurde. Letztendlich ist der Fokus in den letzten neun Tagen auf wieder fit werden geshiftet, was kein Training bedeutete. Ich habe es mir positiv geredet, dass sich der Körper vielleicht sogar so gut erholen kann und ich frischer denn je das Rennen starten werde. Spätestens als ich Donnerstag früh in Mallorca angekommen war und die Halsschmerzen durch Schnupfen und Kopfschmerzen ersetzt wurden, war mir klar, dass es kein Sahnetag werden wird.






Ein Schwimmen im Salzwasser hat zwar die Nase kurzzeitig wieder frei gemacht...













...jedoch fühlte sich das letzte Training zur Wettkampfvorbelastung auf dem Rad nicht sehr berauschend an. Es war dann nur noch die Frage, ob ich überhaupt starten sollte...





Als der Wecker am Renntag um 4:15 Uhr klingelte und die Kopfschmerzen und Schnupfen weg waren, Fieberthermometer und alle weiteren Instrumente grünes Licht zeigten, habe ich mich für einen Start entschieden, wohlwissend, dass es in einem DNF (did not finish) enden könnte, wobei dafür schon viel passieren müsste, wenn ich an den Start gehe. Als der Veranstalter dann auch noch den Neopren für die Profis aufgrund der Wassertemperatur erlaubte, war eigentlich alles wieder perfekt und der Beastmode auf "on".




















In Roth durfte ich am eigene Leibe erfahren wie wichtig eine gute Schwimmzeit im Profifeld ist, um dann auf dem Rad eine gute Gruppe zu haben. Wie wichtig alleine aber die ersten 30m vom Schwimmen fürs Schwimmen sind hat Mallorca gezeigt. In der ersten Disziplin wollte ich mich an die Füße von Boris Stein heften, einem deutschen etablierten Profi, der nicht unbedingt seine Stärke im Schwimmen hat. Als potentieller Siegeskandidat war er sogar mit einer anders farbigen Bademütze gekennzeichnet, also ein perfekter Anhaltspunkts. Zwar hatte ich dann irgendwann Füße vor mir, doch es waren nicht die von Boris. Bereits nach 50m Metern, die man durch das seichte Meer rennen musste, hatte ich ihn verloren. Hier fehlt mir einfach noch die Kaltschnäuzigkeit.



Das Tempo hat sich aber trotz des Wasserschattens und der "nicht Boris" Füße nicht gemütlich angefühlt. Durch den "Australien Exit" (Ein Landgang nach der Hälfte der 3,8km) konnte ich 26min auf meiner Uhr lesen, womit ich zufrieden sein konnte. In der zweiten Runden sind die führenden Profifrauen aufgeschwommen, die eine Minute hinter uns gestartet waren. Mit aller Gewalt, was beim Schwimmen ja nicht sehr förderlich ist, hatte ich versucht mich anzuhängen, musste ich aber schnell ziehen lassen und hab meinen ersten Dämpfer erhalten. Das hat eine Schwimmzeit von gut 54min bestätigt. Aber noch hab ich mich nicht zu schlecht gefühlt, also ab zum Rad durch die längste Wechselzone der Welt. Ein Vorteil für einen guten Läufer wie mich, allerdings hat es mich dann hier gewundert, dass ich von einigen Athleten zu Fuß überholt wurde.





















Auf den ersten Metern im Sattel war ich dann nach der Euphorie vom erlaubten Neoprenanzug wieder am Boden der Tatsachen. Beine waren schwer und der Puls war auch nicht da wo er hingehört. Deswegen habe ich zu dem Zeitpunkt entschieden, dass ich diesmal im regulären Abstand "durchlutschen"(im regulären Abstand von 12m hinter jemanden her fahren) muss. Jedoch musste ich mich erstmal zum "Lutschen" qualifizieren. Der Anstieg zum Kloster stände vor der Tür, 30min bergauf wo jeder auf sich alleine gestellt ist. Mit 305 Watt im Schnitt hab ich dann nicht alle verloren...Philipp Stadter, der auch bereits in Roth in der gleichen Radgruppe wie ich war und ein Spanier waren noch da. Also nur dran bleiben...Jeder Versuch mal Tempo zu machen ist nach 5 min gescheitert, während Philipp immer wieder Druck gemacht hat, wenn er vorne war (Danke). Nach 100km sind wir auf die führende Frau Lisa Norden in Begleitung der Kameramännern auf Motorrädern aufgefahren. Ich hab versucht das beste aus der Situation zu machen und ein wenig TV - Time zu erhaschen, um die Armpads von Radsport Ibert finanzieren zu können. Alle Kräfte habe ich mobilisiert, um Lisa zu überholen und ein bisschen Führungsarbeit zu leisten.


Genauso wie die ersten Pedalumdrehungen habe ich beim ersten Bodenkontakt nach dem Radfahren gemerkt, dass es ein langer Marathon werden wird, als ich einige Schritte erstmal gebraucht habe, um irgendwie in einen aufrechten Gang zu kommen.



















Nach der langen Wechselzone und den ersten 100m auf der Laufstrecke (Siehe Bild), hatte ich wieder ein Fünkchen Hoffnung, dass ich wenigstens auf meine solide Laufperformance bauen kann. Doch mit jedem Kilometer der verging, wurde ich konstant langsamer. Bereits von Anfang an, bin ich durch jede Verplfegungstation gegangen, um mich abzukühlen und den totalen Einbruch hinauszuzögern. Kleine Ziele wie vor der ersten Frau, dann vor der dritten, usw. zu bleiben waren immer wieder ein Schubser hinab der Negativspirale. Immer wieder von einer Verplfegungsstation zur Freundin zur nächsten Verpflegung war die mentale Strategie, um zumindest meinen Kopf zu besiegen, der mir ununterbrochen gesagt hat, aufzuhören.

Nach gefühlten 5h waren es dann doch "nur" 3:13h für den Marathon und 9.01h gesamt, als ich die Ziellinie als 4. Frau und 36. Mann erreichte.



Das Überqueren der Ziellinie hat mir wieder bewiesen, wie geil das Gefühl ist ganz unabhängig von der Zeit, und vielleicht sogar noch schöner, wenn alles nicht perfekt läuft. "The harder the battle, the sweeter the victory". Deswegen liebe ich den Sport, denn ob Profi oder Anfänger, das Gefühl ist für alle das Gleiche. Warum jetzt so einen Riesen Bericht aus einem eher schlechten Ergebnis machen? Über ein perfektes Rennen lässt sich einfach berichten, man ist schnell fertig. In Mallorca allerdings habe ich wieder viel gelernt...Was auch einen großen Einfluss auf meine die kommenden Jahre haben wird. Genauso um diese Planung werde ich mich jetzt in der Saisonpause kümmern. Und eins ist klar, hört auf eure Frauen, nicht nur wenn sie sagen, dass ihr das Fenster besser schließen solltet!.


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