Ohne Entenarsch zur Bestzeit über 10km (31:50min) beim Invitational Citylauf Dresden
Am Sonntag konnte ich beim Elite Einladungswettkampf, dem intelligence Citylauf Dresden, unter verschärften Bedingungen mit 31:50min über 10km eine neue Bestmarke aufstellen und bin damit sogar die Norm für die Deutsche Meisterschaft über die Strecke gelaufen. Der perfekt organisierte Wettkampf mit einem Feld wie ich es nur aus dem Fernsehen kannte und einer 2,5km Runde durch den abgesperrten Dresdener Garten, die einer Hochgeschwindikeitsstrecke ähnlich dem Speedway in Daytona oder Miami glich. Als der Streckenkommentator am Wettkampfmorgen den Wettkampf und die Läufer vorstellte und letztendlich 10 Sekunden vor dem Start um absolute Stille bat war das Adrenalin in meinem Körper schon ein natürlicher Bestandteil meines Systems, denn es hatte schon Tage zuvor eingesetzt...
Während ich normalerweise mit Fahrrad und dröhnenden Kopfschmerzen vom Bockbieranstich in der Nacht zuvor, schnell zu einem 10km Straßenlauf fahre, falls ich es überhaupt geschafft habe, rechtzeitig aufzustehen, um noch schnelle am Wettkampfmorgen die Deadline zur Nachmeldung zu schaffen, war es diesmal eher so dass ich schon am Montag zuvor im Bett stand und "It's raceweek" geschriehen habe.
Mindestens genauso groß wie die Freude über die Bestzeit war die Freude darüber für das Rennen überhaupt zugelassen zu werden, um endlich mal wieder einen Wettkampf zu bestreiten. Man musste sich nämlich erst zuvor mit einem Nachweis über eine aktuelle Zeit bewerben. Die schnellsten Läufer über 10, 21 und 42 Kilometer sollten dann für die jeweilige Strecken nominiert und eingeladen werden. Aufgrund der geringen Anzahl von Wettkämpfen kamen Läufer aus 30 Nationen, von denen manche sogar die Olympia Norm auf der flachen Strecke laufen wollten. Es ergab sich also ein Feld gespickt mit Profiläufern. Dank des Nikolauslaufs in Forchheim, wo ich meine Bestzeit von 32:56min erzielte, habe auch ich tatsächlich den "Cut" geschafft und eine Einladung erhalten.
Aufgrund der hochkarätigen Teilnehmer wurden sogar alle Rennen im Livestream auf MDR übertragen. Das alleine zeigt wie groß das Drumherum und wie perfekt der Wettkampf organisiert war. Im Racehotel in der Innenstadt Dresdens nahe der Wettkampfstrecke konnte man Corona Tests durchführen lassen, da alle Läufer und maximal eine Begleitperson ein negatives Ergebnis vorweisen musste, um am Renntage auf das Renngelände zu kommen und am Rennen teilnehmen zu dürfen.
Wahrscheinlich aufgrund meines Entzugs von Adrenalin und Wettkampffeeling bin ich entgegen meiner oben beschriebenen normalen Vorbereitung für ein 10km Rennen, dieses Rennen eher wie eine Langdistanzweltmeisterschaft angegangen. Da fällt einen auf wie selbstverständlich man bis dahin Wettkämpfe gesehen hat, wenn man nun betrachtet, was man für Wege auf sich nimmt um in der jetzigen Situation einen Wettkampf zu bestreiten. Zwei Wochen lang habe ich enorm auf meine Ernährung geachtet, um das Gewicht so weit wie möglich nach unten zu fahren, um nicht zu gewaltig unter den windhundartigen Profiläufern zu wirken. Die mittlerweile schon verrostete Klinge meines Rasiers wurde gewechselt, um die Beine zu rasieren, unzählige Stunden habe ich überlegt mit welcher Mütze ich laufen soll, und die Story danach war so lang wie alle meinen Stories von 14 Tage um den Ironman Hawaii…Apropos Kleidung...drei tage vor dem Rennen hat mir FE226 (https://fe226.com/en/), eine high-end Marke, die an der Leistungsverbesserung durch Textilien forschen, ihren neuen Prototypen zur Verbesserung der Laufökonomie zukommen lassen. Dieser besteht aus einer enganliegende Hose die an bestimmten Stellen wie ein Chinesotape wirkt, um den Hintern und damit die Hüfte weiter nach vorne zu schieben, was zu einer Verbesserung der Laufökonomie beiträgt. Das Oberteil hat den gleichen Effekt in Bezug auf Bewegungen in der Horizontalen. Ein Schleicher wie ich, dessen Laufstil einem Toilettengang ähnelt, würde eine derartiger Veränderung deutliche Vorteile vor allem über kürzere Distanzen bringen.
To put it in a nutshell, eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete für Erfolg.
Am Rennmorgen haben sich die Beine super frisch angefühlt. Zu dem Zeitpunkt war ich mir nur nicht sicher ob es vielleicht an der engen Kompressionshose lag oder vielleicht daran, dass der Pelz als Wärmeschutz an den Beinen fehlte.
Aufgrund dieser Ungewissheit und dreier Stichproben von anderen Läufern, die gezeigt haben, dass ich mit meiner Bestzeit von 32:50 auch noch einer der langsameren Teilnehmer im B-Lauf war, habe ich mich auch so weit hinten wie noch nie in meiner Paradedisziplin am Start aufgestellt. Die Werbewirksamkeit habe ich damit aber nicht aufs Spiel gesetzt, da ich auch noch in der fünften Reihe wie ein Fels in der Brandung herausstach.
In diesem Sinne konnten mich auch die 7:50min nach der ersten Runde, 30 Sekunden schneller als meine Zielpace, nicht erschüttern. Als das Führungsfahrzeug auch auf der 2. Runde nur ca. 200 Meter entfernt war, war auch ich schließlich überzeugt, dass es nicht an dem fehlenden Pelz an den Beinen lag, dass sich meine Arbeitsgeräte noch gut angefühlt haben. Daran hat sich nämlich auch nichts geändert als nach den ersten 5km 15:43min auf der Uhr standen, mehr als 30 Sekunden schneller als meine Bestzeit über diese Distanz.
Nach 7,5km hatte ich dann schon die Befürchtung, dass ich mich nicht zu 100% auslasten würde, obwohl ich deutlich unter meiner Zielzeit lag. Ich hab dann das Herz in die Hand genommen und mich von meiner Gruppe gelöst und die Flucht ergriffen. Die Attacke hat auch gesessen, ich konnte die Gruppe abhängen und kam einem Läufer, der ca. 200m vor mir lief, immer näher. Ich hatte die Hoffnung ihn bis zum Wendepunkt der letzten Runde einzuholen, um dann auf dem Rückweg in seinem Windschatten zu sein, da hier der Gegenwind sich deutlich spürbar machte. Dass aber 200m Abstand reinzulaufen bei diesem Tempo kein Katzensprung sind, musste ich mich alleine durch den Gegenwind auf die Zielgerade kämpfen. Hier hat dann vielleicht der cda Wert (Aerodynamik) eines Felsen seinen Teil dazu beigetragen, dass zwei Läufer wieder rankamen und mich 200m vor dem Ziel noch überholt haben. Das ist mir aber relativ egal, letztendlich war diesmal nur die Uhr mein Gegner. Und dieses Rennen habe ich gewonnen. Mit einer Zeit von 31:50 habe ich nicht nur meine Bestzeit um mehr als eine Minute deutlich verbessert, sondern auch die 32min Schallmauer durchbrochen und damit die Norm für die deutsche Meisterschaft (32:10 min) erlaufen. Dass am Ende ein 5. Platz in meiner Altersklasse in einem Feld von reinen Profiläufern herausspringt hätte ich nicht gedacht, und gibt mir Hoffnung, dass ich noch eine lange Karriere im Ausdauersport vor mir habe und dass der Begriff "Materialdoping" alleine durch die Feuerpeitschen vom Böhnleinskunner eine Berichtigung hat.
Danke an die vielen Nachrichten und danke an Laufszene Sachsen für den Mut einen derartigen Event zu organisieren.
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